Von Gottes Liebe berührt

Eine authentische Kurzgeschichte von Hilke Diderich

Im Jahre 1981 lebte mein Mann, sowie unsere zweijährige Tochter Helene und ich, für mehrere Jahre in Brunsbüttel.
Es war eine recht interessante Zeit. Meiner Familie bekam das Klima recht gut. Wir wohnten in einer kleinen Dachwohnung, die sich in der Nähe des Nord-Ost-See-Kanals befand.

Im Sommer wehte immer eine frische Brise vom Kanal her über das flache Land. So ließ sich die Sommerhitze ertragen. Als die schöne Zeit des Sommers und die des Herbstes zu Ende ging, kroch der November mit seinem kalten feuchten Atem über das Land, so daß es farblos und trist dalag. Zu allem Übel erkrankte auch noch meine Tochter. Die Diagnose der behandelnden Kinderärztin lautete wie folgt: „Kein auffälliger Befund, kindliche Unpäßlichkeit, nichts Gefährliches!" Beruhigt fuhr ich mit meiner Tochter wieder nach Hause.

Doch in den nächsten Tagen verschlechterte sich ihr Zustand zusehends. Sie lag einfach nur in ihrem Bettchen oder auf dem Fußboden und spielte nicht einmal mehr mit ihrem Schmusehund Golly. Das ließ in mir alle Alarmglocken läuten. Voller Panik brachte ich meine Tochter abermals zu der Kinderärztin und bat sie das Kind noch einmal zu untersuchen. Die Kinderärztin zuckte nur mit den Schultern. Darauf verlangte ich eine Einweisung in die Kinderklinik, wozu sie sofort einverstanden war. Sie sagte, daß sie in der Kinderklinik anrufen würde und daß die diensthabende Kinderärztin auf mein Kommen schon etwas vorbereitet wäre!

Es war zirka Mitte November. Die Bäume und Sträucher waren fast schon kahl. Die Regenwolken hingen tief unter dem Himmel herunter und ein Nieselregen ließ die sterbende Natur noch trister aussehen. Diese Novemberstimmung paßte genau zu meiner Seelenstimmung. Als ich noch am gleichen Abend mit dem Auto nach Heide zu der Kinderklinik hingefahren bin, lag meine Tochter hinten auf dem Rücksitz und wimmerte leise vor sich hin.

„Du hast irgendwelche Anzeichen übersehen!" pochten mir die Vorwürfe hart gegen die Schläfe. Ich kam mir so schuldig vor. Endlich war ich an meinem Ziel und parkte den Wagen auf dem Parkplatz, der sich neben der Kinderklinik befand. Mit zitternden Knien holte ich meine Tochter aus dem Rücksitz, hielt sie in meinem Arm, und eilte mit ihr ins Krankenhaus. Am Eingang wurde ich von der diensthabenden Schwester in Empfang genommen und zu der Kinderärztin in das Behandlungszimmer gebracht, wo die Kinderärztin mit ihrer Assistenzärztin schon auf mich wartete. Sie stellte sich nur kurz vor, nahm mir das Kind aus meinem Arm, und legte sie auf den hygienisch abgedeckten Untersuchungstisch. Die Kinderärztin schilderte mir die medizinischen Maßnahmen, die bei einer solchen Untersuchung erforderlich seien. Sie beruhigte mich und bat mich im Wartezimmer solange Platz zu nehmen.

Ich lief den Korridor rauf und runter. Es kam mir eine Ewigkeit vor, als endlich die Kinderärztin im Türrahmen stand und mit einem erleichterten Lächeln erklärte, daß bei der Untersuchung eine Gehirnhautentzündung ausgeschlossen war! Sondern, es handelte sich um eine Virusinfektion.
Beruhigt über ihre Diagnose atmete ich erleichtert auf.

„Es wäre aber besser, wenn das Kind für ein paar Tage bei uns auf der Kinderstation zur Beobachtung bliebe!" Erschrocken schaute ich sie an.
„Wenn Sie es für erforderlich halten, dann bin ich damit einverstanden“ und ich nickte ihr zustimmend zu!
Vom Schicksal niedergeschlagen und den Tränen nahe, fuhr ich jetzt ohne meine Tochter wieder nach Brunsbüttel zurück.

Die Tage des Bangen und Hoffen vergingen, ohne daß sich bei meiner Tochter eine gesundheitliche Besserung eingestellt hatte. Sie lag schon mehr als nur ein paar Tage im Krankenhaus. Es war bereits die zweite Woche angebrochen. Und immer noch lag sie apathisch in ihrem Kinderbett. An ihrem Kopf war eine Sonde mit einem Tropf angebracht worden. Durch den dünnen durchsichtigen Kunststoffschlauch tropfte Kochsalzlösung in ihren Körper hinein, so daß ein weiteres Austrocknen verhindert werden konnte. Es schien so als wenn sie meine Nähe nicht wahrnehmen würde, wenn ich an ihrem Bettchen saß und ihr die Spieluhr aufzog, deren Melodie sie so gerne vor dem Einschlafen noch hören wollte. Ich habe die Spieluhr ihr an einem der Eckstäbe so hin gehangen, daß sie nur an der langen Kordel zu ziehen brauchte und die Spieluhr erklingt mit ihrer leisen Melodie. Die sie nicht erschreckte, sondern sie nur sanft berühren sollte. Ihr Schmusehund Golly saß immer noch in der äußeren Ecke ihres Bettchens. Seit sie in die Klinik eingeliefert wurde, hat sie ihn nicht mehr beachtet geschweige mit ihm geschmust. Dieses Bild von meiner kranken Tochter, die immer noch apathisch in ihrem Bettchen lag, erschreckte mich so tief, daß ich weinend das Krankenzimmer verlassen musste. Ich fühlte mich so hilflos, so machtlos, daß selbst mein anfängliches Vertrauen in ihre medizinischen Behandlungen immer mehr verschwand. Es hat wieder zu Regnen begonnen. Ein typischer kalter Novembernieselregen drückte meine Stimmung noch tiefer herunter. Grau in Gau verschmolz in mir und weckte eine tiefe Sehnsucht nach Hilfe, daß es mein Herz schmerzhaft zerriß.

Was hindert mich eigentlich daran, wenn ich meine Gedanken dem Himmel gebe? Komme ich mir dabei so blöde vor? Oder schäme ich mich meiner Schwäche? Ist es mir sogar peinlich nach einem Wesen zu rufen, das ich überhaupt nicht kenne und mit dem ich noch nie etwas zu tun gehabt habe?
Was sollen denn die Leute von mir denken, wenn sie sehen, daß ich bete? Das wäre mir bestimmt sehr peinlich und ich schaute verlegen mich nach allen Seiten um.
„Na wenn schon“, sprach ich mir selber Mut zu!
„Aber wie rede ich denn mit einem Gott? und was soll ich ihm denn sagen? ich weiß es nicht!" Ich zog den Regenschirm ganz tief zu mir herunter, das gab mir ein sicheres Gefühl und vor eventuellen Blicken geschützt zu sein.

„Lieber Gott", kam mir stockend dieser erste Satz über meine Lippen, „mein Kind ist krank! Weder die Schulmedizin scheint meinem Kind Helfen zu können noch reicht meine Liebe dazu aus, diesem Kind zu helfen. Aber Deine Liebe besitzt diese Kraft, deshalb lege ich mein Kind voller Vertrauen in Deine Hände! Wenn Du dieses Kind zu Dir holst, dann weiß ich, es geschieht nur aus Deiner göttlichen Weisheit heraus. Lieber Gott, dann soll Dein Wille geschehen! Weil Du dieses Kind in Deiner Liebe aufnimmst, zu der ich nicht fähig bin, darum will ich Dich immer lieben!"

Als ich das Zwiegespräch mit diesem Satz beendete, öffnete sich die graue Wolkenwand und ein strahlendes Licht von überirdischer Schönheit, wie es tausend Sonnen nie sein können, floß auf mich nieder und umhüllte mich ganz. Wie in Trance hörte ich eine Stimme, die sanft zu mir sprach: „Dein Kind ist in guten Händen. Vertraue nur." Dann zog sich die graue Wolkendecke wieder zusammen als wenn nichts geschehen wäre. Eine unvorstellbare Wärme zog durch meinen Körper und nahm mir die Last von meinen Schultern. Ich fühlte mich wie neu geboren und innerlich so aufgerichtet und voller Vertrauen, daß ich mir um mein Kind keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Jetzt weiß ich es ganz genau: Gott paßt gut auf sie auf.

Ich befand mich in einer euphorischen Ekstase und mein Schritt war mehr schwebend als gehend, als ich auf den Parkplatz zu meinem Auto ging.
Das wage ich meinem Mann nicht zu erzählen, würde er glatt vermuten, daß ich durchgeknallt sei und nicht alle Tassen mehr im Schrank hätte.

„Wenn die Seele in Flammen steht, brechen Dämme von Blockaden und innere Widerstände entzwei. Gefühle bahnen sich ihren Weg aus der Isolation und das Göttliche feiert seinen Triumph. In diesem göttlichen Feuer lag eine heilende Kraft, die mein festhaltendes Kontrollsystem in Schutt und Asche legte. Meine beladene Seele fühlte sich befreit und leicht an und wurde zu ihrem wahren Ort der Heiterkeit hingeführt."

Mit diesem göttlichen Erlebnis fuhr ich abermals nach Brunsbüttel zurück. Im ersten Lebensmittelgeschäft kaufte ich mir eine Flasche Sekt. Mein Mann war noch nicht Zuhause. Ich vergrub mich im Keller und betrank mich aus lauter Freude darüber, dass ich den Mut aufgebracht hatte, mich an Gott zu wenden. Mein Mann fand mich kichernd und lallend auf dem Kartoffelsack vor. „Was um aller Welt ist denn geschehen, das du um diese Zeit betrunken bist?"
„Heute hat Gott unsere Tochter gerettet!" lallte ich ihn an und wäre fast von dem Sack gefallen. Mein Mann hielt mich fest und brachte mich ins Bett. Kopfschüttelnd verließ er das Schlafzimmer.

In dieser Nacht hatte ich einen seltsamen Traum. Wie in Zeitlupe durchschritt ich wunderschöne Licht durchflutete Räume. Die Wände befanden sich aus wehenden hellen Tüchern, und seltsame leise Gesänge waren zu hören: Fahre zu deiner Tochter, fahre zu deiner Tochter, sangen sie ohne Unterlaß.

Verwirrt erwachte ich am nächsten Morgen. Benommen und gerädert stand ich auf. Da war dieser Traum noch in meinem Kopf, klar und lebendig. Das machte mir Angst. Ich wollte alles Erlebte verdrängen, doch es ließ mich nicht los. Nervös und unruhig trank ich eine Tasse Kaffe, setzte mich ins Auto und fuhr nach Heide in die Kinderklinik. Ich wußte nicht, warum ich mich beeilte, als ich zu der Kinderstation ging. Da kam mir die Kinderärztin mit wehendem Kittel schon entgegen. Ich ahnte Schlimmes. Sie wird mir jetzt die traurige Nachricht vom Tod meiner kleinen Tochter sagen.

„Frau Diderich" rief sie aufgeregt meinen Namen als sie mich von weitem schon kommen sah. „Wir haben keine Erklärung für die Genesung Ihrer Tochter“, und sie hob dabei ihre Schulter hoch und breitete ihre Arme vor mir aus, als glaubte sie so eine Antwort auf das Wunder zu finden. „Meine Kollegen und ich, wir haben alles Menschenmögliche für Ihre Tochter getan“, und sie ließ ratlos ihre Schultern wieder sinken. Aber ich kannte das Geheimnis und behielt es für mich.

Mit schnellem Schritt ging ich durch den langen dunklen Korridor und blieb an der vorletzten Tür mit klopfendem Herzen und zitternden Knien stehen. Dann öffnete ich die Türe und trat in das Krankenzimmer ein. Meine Augen wollten im ersten Moment nicht glauben, was sie sahen. Meine Tochter saß in ihrem Bettchen und lachte mich an, dabei drückte sie ihren Knuddelhund fest an sich gedrückt.

„Mama", rief sie mir leise zu und lächelte mich dabei an! Auf dieses Wort habe ich so lange verzichten müssen, daß es mich wie ein Blitz tief in mein Herz traf. Es war der schönste Klang der Welt und ich glaubte, ich fall gleich in Ohnmacht. Doch ich konnte mich noch rechtzeitig an einem der Gitterstäbe festhalten und setzte mich auf den Stuhl. Mir zitterten immer noch die Knie. Nach wenigen Minuten, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, löste sich meine innere Spannung und ich atmete erleichtert auf. Noch nie habe ich meine Tochter mit soviel Zärtlichkeit und innerer Rührung aus ihrem Bettchen herausgehoben und sie ganz fest an mein Herz gedrückt, wie es in diesem Moment geschah. Ihr Babyspeck war von der langen Erkrankung ganz aufgebraucht und ich fühlte einen zerbrechlichen Kinderkörper in meinem Arm, aber gesund.
„Oh Herr, ich danke Dir von ganzem Herzen für das wunderbare Geschenk, daß ich mein Kind wieder in meinem Arm halten darf“, sprach ich mit ergriffener Stimme zu Gott und wischte mir verstohlen die Tränen ab, die mir über mein Gesicht liefen. Meine Tochter lag mit ihrem Gesicht an meinem Hals und hielt ihre dünnen Ärmchen um mich geschlungen, ich drückte sie ganz behutsam an mich und genoß diesen unglaublichen Augenblick von Gottes Liebe berührt worden zu sein.

Meine Tochter ist mittlerweile fünfundzwanzig Jahre alt geworden und Heute glücklich verliebt.

Hilke Diderich

Ein Gedicht von Hilke Diderich: Mein Kreuz

Sie dürfen gerne Kontakt mit Frau Hilke Diderich aufnehmen:
E-Mail:
ruhn69@netcologne.de

Tel.-Nr.: 0214 / 2064871

Zurück zur Seite: Erlebnisberichte mit Gott

Verantwortlich für den Inhalt dieser Homepage ist:

Bernd Amann, 47475 Kamp-Lintfort, Krokusweg 6

E-Mail: webmaster@jesus-christus-evangelium.de
02842-9299940

(Letztes Update: 18.11.2014)